Willkommen in Holland!

Eine Einordnung

Seit Anfang des 16. Jh. waren die Niederlande (heute Belgien und Niederlande) spanisches, habsburgisches Erbland. Das reiche Gebiet brachte Spanien hohe Steuerzahlungen ein. Der nördliche Landesteil, darunter Holland, bekannte sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Zuge der Reformation schon früh zur protestantischen Konfession, der Süden bleibt katholisch. 

Philipp II., (König von Spanien und Landesherr der Niederlande) unternahm brutale gegenreformatorische Bestrebungen, die im Norden zu Aufständen führten, die in einen langen Kampf um die Unabhängigkeit mündeten (1568-1648). 1581 erklärten sich die nördlichen Provinzen für unabhängig. Sie vereitelten alle Versuche der Rückeroberung und stiegen zur damals bedeutendsten Welthandelsnation auf. Im Westfälischen Frieden (1648) wurde die Unabhängigkeit völkerrechtlich besiegelt. Der Süden bleibt spanische Kolonie, katholisch und ständisch geprägt.

In den Niederlanden entstehen durch geschickten Handel große Vermögen, die in den Händen von städtischen Eliten liegen, insbesondere in Städten wie Amsterdam und Leiden. Auch die politische Macht wird von wohlhabenden Bürgern für sich in Anspruch genommen. Immer größere Teile der Bevölkerung haben Zugang zu Bildung. Auch rasante Fortschritte in den Naturwissenschaften ermöglichen den Erfolg des bürgerlich organisierten Staates, den nördlichen Niederlanden. Wirtschaftlicher Aufschwung und politische Stabilität waren Voraussetzungen für die Entwicklung der Künste. Besonders in Holland, dem Kernland der Republik, entwickelte sich eine einzigartige Malerei, die das alltägliche Leben, die Landschaft und die Porträtkunst in den Mittelpunkt stellte. Rembrandt van Rijn und Samuel van Hoogstraten waren zwei herausragende Künstler, die diese Periode prägten. Diese außergewöhnliche Blütezeit ist als das „Goldene Zeitalter“ bekannt.

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Johannes Janssonius, Karte der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, 1658

Was ist Barock?

Der Barock ist eine gesamteuropäische Stilepoche und dennoch sehr Vielgestaltigkeit. Er beginnt in Italien gegen Ende des 16. Jahrhunderts und breitet sich über ganz Europa aus und dauert, einschließlich des Rokoko, bis 1750.

Das Wort „Barock“ entstammt der Juwelierkunst, ist portugiesischen Ursprungs und meint eine unregelmäßig geformte Perle (barocco). Im Gebrauch ist der Begriff erst ab dem Ende des 18. Jahrhunderts und zwar als Spottwort, im Sinne von „umständlich“, „schwülstig“. Auch heute noch verstehen manche den Barock als „schwer“, „überladen“ und „sehr prunkvoll“.

Rembrandt, Die Nachtwache 2

Was ist Barockmalerei?

Die Barockmalerei entwickelte sich aus der Renaissance und stellte eine Reaktion auf die harmonische, ausgewogene und oft idealisierte Kunst der Renaissance dar.

Mit Beginn des Barocks kehrt eine spürbare Hinwendung zur naturgetreuen Darstellung ein, ein echter, am Objekt beobachteter Naturalismus. Ein weiteres Charakteristikum ist das ausgeprägte Helldunkel. Darin war der Italiener Caravaggio auch für die Holländer ein prägendes Beispiel. Im Barock strebt die Malerei eine illusionistische Wirkung an.

Dramatik und Bewegung

Die Barockmalerei ist bekannt für ihre dramatische Darstellung von Szenen. Bewegung, Emotionen und Dynamik spielen eine zentrale Rolle. Figuren sind oft in leidenschaftlichen Posen dargestellt, und es gibt ein starkes Gefühl von Bewegung und Aktion.

Kontraste und Hell-Dunkel-Malerei

Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist die intensive Nutzung von Licht- und Schattenkontrasten. Diese Technik, bekannt als Chiaroscuro, schafft Tiefe und Volumen in den Gemälden und verstärkt die Dramatik der Szenen.

Realismus und Detailtreue

Barockmaler legten großen Wert auf realistische Darstellungen von Menschen, Landschaften und Objekten. Diese Darstellungen sind oft detailreich und zielen darauf ab, eine möglichst lebensechte Wiedergabe zu erreichen.

Emotionalität und Pathos

Die Barockmalerei spricht die Gefühle der Betrachter an. Die dargestellten Szenen sind oft voller Leidenschaft, Schmerz, Ekstase oder Freude. Die Kunst sollte das Publikum emotional bewegen und zum Nachdenken anregen.

Theatralik und Inszenierung: 

Viele Barockgemälde sind wie Szenen aus einem Theaterstück inszeniert, mit dramatischen Gesten, intensiven Gesichtsausdrücken und einer effektvollen Komposition. Die Bildkomposition ist häufig so gestaltet, dass sie den Blick des Betrachters lenkt und eine bestimmte Wirkung erzielt.

Bekannte andere Barockmaler

Zu den bedeutendsten Vertretern der Barockmalerei zählen

Nach der konfessionellen und politischen Abspaltung von den spanischen, habsburgischen Niederlanden vollzog sich in den nördlichen Provinzen auch ein künstlerischer Alleingang. In den südlichen Niederlanden, dem heutigen Belgien, herrschten im 17. Jahrhundert weiterhin die spanischen Habsburger. Die Malerei von Peter Paul Rubens und andere Flamen ist opulent, voluminös und sinnlich. Die Figuren sind oft in intensiven, expressiven Posen dargestellt. Die flämischen Maler arbeiteten oft für mächtige Auftraggeber, darunter Könige und die katholische Kirche und schufen Kunstwerke, die Macht, Ruhm und Reichtum zelebrieren. Diese Opulenz zeigt sich in der reichen Verwendung von Gold, luxuriösen Stoffen und aufwendigen Details.

In Holland treten die Künste dann den Rückzug aus dem Pompösen und Allumfassenden ins Private und Überschaubare an. Und sie machen sich den neuen Herren dienstbar, den Bürgern. Auf den ersten Blick wirkt die Zeit des Barocks wenig einheitlich: hier Katholizismus, da Protestantismus, hier Aufklärung, da Absolutismus, hier Pracht, da Nüchternheit.

„Goldenes Zeitalter“

Da es in Holland weder einen absolutistischen Hof gab noch einen mächtigen Klerus, fällt die Rolle des Mäzens der Künste dem wohlhabenden städtischen Bürgertum zu.

Die Maler spezialisieren sich z.B. auf Porträts, Landschaften oder Stillleben. Als freie Unternehmer müssen sie den Markt beobachten, Trends aufspüren, möglichst neue Trends setzen.
Doch die Kunst ist nicht nur ein Abbild der sozioökonomischen Realität, sie reflektiert auch den Fortschritt der Wissenschaften: Die Erfindung des Mikroskops lenkt z.B. die Aufmerksamkeit auf den Nahbereich, das verbesserte Teleskop lenkt sie in die Ferne. lm Zusammenspiel mit dem Aufschwung der Kartografie bewirken diese eine realistische Auffassung der heimatlichen Landschaft. Die Weiterentwicklung der Camera obscura (wörtlich: dunkler Raum), eine Art primitiver Fotoapparat, ermöglicht verzerrungsfreie Projektionen, die entweder direkt auf den Malgrund gelenkt werden oder als Vorlage für Skizzen dienen.

Botanik und Zoologie als aufkommende Wissenschaften veranlassen Maler zur präzisen Bestandsaufnahme der belebten Natur. Bei allem Streben nach realistischer Schilderung vermitteln holländische Barockbilder aber auch eine tiefere Botschaft. Der Calvinismus fordert von jedem Menschen die ständige Reflexion seines Tuns, also auch von Künstlern und Kunstkäufern. So kommt die Sittenlehre in die Bilder, leise und unaufdringlich. Bürgerliche Existenz, Wissenschaft und Moral prägen so das „Goldene Zeitalter“ der holländischen Malerei. 

Themen der holländischen Barock-Malerei

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Rembrandt van Rijn, Die Nachtwache , 1642 © Rijksmuseum, Amsterdam

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Michelangelo Merisi, gen. Caravaggio, Dornenkrönung Christi, um 1601 
© KHM-Museumsverband

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Hoogstraten, Augenbetrüger-Stillleben, 1666/78, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe